EcoOnline Logo
 
Umberto Eco: Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana. Aus dem Italienischen von Burkhart Kroeber. München/Wien: Hanser. Ca. 480 Seiten, ca. 24,90 Euro.

 Rezension: Der Detektiv auf der Suche
nach sich selbst

Giambattista Bodoni* erwacht aus dem Koma. Was bleibt von seinem Leben, wenn er keine Erinnerung mehr hat? Schritt für Schritt tastet er sich zurück, sucht, was in sieben Jahrzehnten geschehen ist, was er mit eigenen Augen gesehen hat.
  In Norditalien auf dem Land, in jenem wunderbaren Haus seines Großvaters, das er aus seiner Kindheit so genau kennt und wohin er nun mit seiner Frau Paola zur Erholung geht, findet er alles wieder: Bücher und Bilder, Comics und Kino, Pastadosen und Zigarettenschachteln. Jetzt bestellen:

Und all die Bilder, die er sieht, zeigt er auch seinem Leser: Werbung, Micky und Donald, Vespa, Espresso – aber auch Mussolini und jene deutschen Soldaten, die in den letzten Kriegsjahren Italien besetzten. Umberto Eco, der Verwandlungskünstler der Literatur, verblüfft und verzaubert seine Leser von neuem. Während Bodoni in Gesprächen und Spaziergängen Schritt für Schritt sein Leben wiederfindet, erzählt Eco die Geschichte seines Jahrhunderts, seiner Kindheit und Jugend, und jeder Leser findet darin seine eigenen Erinnerungen wieder. Und hinter allem, was dieses Jahrhundert ausmachte an Schrecklichem und Komischem, versucht der Mann das Privateste wiederzufinden, seine angeschwärmte, das ganze Leben lang vergeblich gesuchte Jugendliebe. Umberto Eco ist etwas Wunderbares gelungen: Aus unser aller Erinnerung hat er die Erinnerung eines ganzen Jahrhunderts beschrieben.

Wieder ein Bestseller, keine Frage. Hanser bringt den Roman in einer Startauflage von 200.000 Exemplaren auf den deutschen Markt.
 

* Umberto Eco bleibt sich zumindest in einer Hinsicht treu: in der anspielungsreichen Verwendung der Namen historischer Personen, im besonderen solcher, die mit den Bereichen der Zeichen, der Schrift und der Typographie zu tun haben. War es im Foucaultschen Pendel der Verleger Garamond, der den (Nach-)Namen eines der berühmtesten Typographen der Geschichte tragen durfte (nämlich des französischen Schriftschneiders  Claude Garamond, 1480-1561), so tauft Eco in seinem neuen Roman, Die geheimnisvolle Flamme der Königin Loana, seinen Protagonisten auf den Namen des wohl berühmtesten italienischen Typographen,  Giambattista Bodoni (geb. am 26.2.1740 in Saluzzo, Piemont, gest. am 30.11.1813 in Parma), genannt "König der Typographen, Typograph der Könige" (wohl weil er 1782 von Karl III. von Spanien zu dessen Kammer-Typographen ernannt wurde), Autor des Manuale Typografico und Entwerfer jener klassizistischen Antiqua-Schrift, die bis heute seinen Namen trägt.

Die in den deutschen Pressemitteilungen zu Ecos neuem Roman auftauchende Variante "Giambaltista Bodoni" dürfte wohl ein Tippfehler sein. - Es darf spekuliert werden: Wie mögen die Protagonisten von Ecos nächsten Romanen heißen?  Aldus Manutius?  Firmin Didot? Oder nochmal  Baskerville - diesmal allerdings John...?

 

 Leseprobe